Physiotherapie kann wahre Wunder wirken. Sei es zur Linderung chronischer Schmerzen, zur Wiederherstellung der Beweglichkeit nach einer Verletzung oder zur Verbesserung der Lebensqualität bei langfristigen Beschwerden.
Doch wie oft dürfen Sie eigentlich zur Physiotherapie gehen? Wer entscheidet das? Und wie läuft das mit einem Rezept für Krankengymnastik oder einer Dauerverordnung für Physiotherapie ab?
In diesem Ratgeber beantworten wir alle wichtigen Fragen rund um Physiotherapie-Verordnungen in Deutschland. Sie erfahren wer Ihnen Physiotherapie verschreiben kann, wie oft in der Woche therapiert wird oder wie oft Sie ein Physio Rezept bekommen können. Hier finden Sie alle Antworten.
Wer kann Physiotherapie verordnen?
Fast jeder Arzt kann Ihnen eine ärztliche Verordnung für Physiotherapie ausstellen. Das sind sogenannte Verordnungen von Heilmitteln, oder auch Heilmittelvordnungen, die physiotherapeutische Maßnahmen umfassen.
Ihr Hausarzt ist oft die erste Anlaufstelle, aber auch Fachärzte wie Orthopäden oder Neurologen können Physiotherapie verschreiben. Selbst Zahnärzte dürfen in bestimmten Fällen, z. B. bei Kiefergelenkproblemen (CMD – Craniomandibuläre Dysfunktion), ein Rezept ausstellen.
Je nach Diagnose und Beschwerden kann es sinnvoll sein, die Verordnung von einem Facharzt ausstellen zu lassen. Dieser hat oft ein tieferes Verständnis für die spezifischen Anforderungen Ihrer physiotherapeutischen Behandlung.
Physiotherapie nach einem Aufenthalt im Krankenhaus
Wussten Sie, dass Sie auch im Rahmen des Entlassmanagements nach einem Krankenhausaufenthalt eine Verordnung für Physiotherapie erhalten können? Der Arzt im Krankenhaus kann Ihnen bei der Entlassung ein Rezept für die ersten Behandlungseinheiten ausstellen. Damit wird der nahtlose Übergang in die ambulante Versorgung sichergestellt.
Wichtig:
- Die Therapie muss innerhalb von 7 Kalendertagen nach der Entlassung beginnen.
- Die Verordnung ist anschließend bis zu 12 Tage gültig, um Ihnen ausreichend Zeit für die Umsetzung zu geben.
Physiotherapie auf Rezept: Was steht drauf?
Wenn Sie ein Rezept für Krankengymnastik oder andere physiotherapeutische Maßnahmen in den Händen halten, finden Sie dort wichtige Angaben. Hier die wichtigsten Infos:
- Ausstellungsdatum: Ab diesem Tag haben Sie 28 Tage Zeit, mit der Therapie zu beginnen. Bei Verordnungen der Berufsgenossenschaft (BG) sind es nur 14 Tage. Bei Privatrezepten gibt es keine klare Regelung – klären Sie die Fristen im Zweifelsfall mit Ihrer Versicherung.
- Diagnosegruppe und ICD-10-Code: Diese geben an, um welche Diagnose es sich handelt.
- Verordnete Heilmittel: Primäre Heilmittel (z. B. Krankengymnastik, Manuelle Therapie) und ergänzende Heilmittel (z. B. Elektrotherapie, Wärmetherapie) mit der jeweiligen Anzahl und Frequenz.
Wie viele Behandlungseinheiten Physiotherapie sind üblich?
In den meisten Fällen bekommen Patienten ein Rezept für 6 Behandlungseinheiten Physiotherapie. Diese Anzahl kann jedoch je nach Diagnose und individuellem Behandlungsbedarf variieren. Ihr behandelnder Arzt legt die Anzahl der Therapieeinheiten fest, basierend auf Ihrem dringlichen Behandlungsbedarf und der Diagnose.
Gültigkeitsdauer und Fristen für die Behandlung
Wie lange ist Ihr Physio-Rezept gültig? Das hängt von der Anzahl der Behandlungseinheiten ab:
- Bis zu 6 Behandlungseinheiten: Sie haben 3 Monate Zeit, die Therapie abzuschließen.
- 7 oder mehr Behandlungseinheiten: Die Gültigkeitsdauer beträgt 6 Monate.
Wichtig:
- Die Menge der verordneten Heilmittel muss in der Theorie innerhalb von 6 Wochen durchführbar sein. Das Rezept bleibt aber auch gültig, wenn die Behandlungsreihe länger dauert.
- Sollte die Therapie länger als 14 Tage unterbrochen werden, muss der Grund dafür auf der Verordnung vermerkt werden.
Strengere Regeln bei Berufsgenossenschaft (BG)
Für BG-Verordnungen gelten besondere Fristen:
- Das Rezept muss innerhalb von 2 Monaten nach Ausstellung abgeschlossen sein.
- Eine Unterbrechung von mehr als 14 Tagen führt automatisch zum Abbruch der Behandlung. Ausnahmen bestehen nach Rücksprache mit Arzt und BG.
- Für Privatpatienten gibt es hier keine klaren Regelungen.
Wie oft kann man ein Rezept bekommen?
Die Frage „Wie oft Physiotherapie im Jahr?“ oder „Rezept Physiotherapie wie oft?“ hängt von mehreren Faktoren ab. Wichtig ist: Jede Diagnosegruppe und jeder ICD-10-Code bringt spezifische Regeln bezüglich der Art und Menge der erlaubten Heilmittel mit sich.
Beispiel:
- Die Diagnosegruppe „EX“ in Kombination mit einem ICD-10-Code (z. B. M54.1) bestimmt gemäß dem Heilmittelkatalog, welche Heilmittel in welcher Menge verordnet werden können.
- Eine Kombination könnte Ihrem Arzt erlauben, 18 Einheiten aus einem Pool von Krankengymnastik (KG), Manueller Therapie (MT), Wärmetherapie (WT) und Elektrotherapie (ET) zu wählen.
- Eine andere Kombination könnte die Verordnung von Krankengymnastik am Gerät (KGG) oder bis zu 30 Einheiten Manueller Lymphdrainage ermöglichen.
Wichtig:
- Wenn ein Verordnungsfall (Rezeptreihe für dieselbe Diagnose) mit der Höchstmenge je Verordnung (z. B. 18 Einheiten) ausgeschöpft ist, müssen Sie in der Regel 6 Monate warten, bevor für dieselbe Diagnosegruppe erneut eine Verordnung ausgestellt werden kann.
- Ähnliche, aber abweichende Diagnosen können einen neuen Verordnungsfall begründen, sodass die Therapie möglicherweise nahtlos fortgesetzt werden kann.
- Ihr verordnender Arzt kann Sie hierzu beraten.
Sonderfall Schulter: Die Blankoverordnung
Seit November 2024 gibt es eine besondere Regelung für Schulterdiagnosen: die sogenannte Blankoverordnung. Dabei gibt der Arzt keine spezifischen Heilmittel und Mengenangaben vor. Stattdessen wird nur die Diagnosegruppe „EX“ und ein ICD-10-Code für die Schulter angegeben.
- Die genaue Auswahl der Heilmittel, Menge und Frequenz wird nach einer physiotherapeutischen Diagnostik gemeinsam mit dem Therapeuten und Ihnen als Patient abgestimmt.
- Eine Blankoverordnung ist ab Ausstellungsdatum 16 Wochen gültig, muss aber ebenfalls innerhalb von 28 Tagen begonnen werden.
Besonderheiten bei Berufsgenossenschaftlichen Verordnungen
Bei Verordnungen durch die Berufsgenossenschaft (BG) gibt es keine festen Diagnosegruppen oder ICD-10-Codes. Stattdessen gibt der Arzt eine Diagnose als Text an und bestimmt selbst die Anzahl und Menge der Heilmittel. Der Heilmittelkatalog ist hier nicht maßgebend. Die Verordnung erfolgt nach den individuellen Erfordernissen des Patienten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit.
Langfristiger Heilmittelbedarf (LHM) und Besonderer Verordnungsbedarf (BVB) leicht erklärt
Wenn Sie Physiotherapie benötigen, stoßen Sie vielleicht auf die Begriffe langfristiger Heilmittelbedarf (LHM) und besonderer Verordnungsbedarf (BVB). Doch was bedeuten sie, und wie können sie Ihnen helfen? Wir erklären es verständlich – perfekt für Patienten, die mehr über ihre Rechte und Möglichkeiten wissen möchten.
Was ist der langfristige Heilmittelbedarf (LHM)?
Ein langfristiger Heilmittelbedarf kommt infrage, wenn Sie an einer schweren, dauerhaften Erkrankung leiden. Außerdem muss ein Bedarf für Physiotherapie über mindestens 12 Monate festgestellt werden. Beispiele sind chronische Krankheiten wie Multiple Sklerose, Muskeldystrophie oder schwere Schädigungen nach Unfällen. Ziel ist es, Ihre Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten.
- Seit 2021 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Regelungen vereinfacht: Liegt Ihre Diagnose auf der offiziellen Diagnoseliste (Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie), ist der LHM automatisch anerkannt. Ganz ohne Antrag bei der Krankenkasse.
- Ihr Arzt kann die Therapie direkt verordnen, aber Sie müssen alle 12 Wochen zur Kontrolle und für eine neue Verordnung zum Arzt.
- Ist Ihre Erkrankung nicht auf der Liste, kann Ihr Arzt den Bedarf begründen und Sie stellen einen Antrag bei der Krankenkasse. Diese entscheidet innerhalb von 4 Wochen – bei ausbleibender Antwort gilt der Antrag automatisch als genehmigt.
Was bedeutet besonderer Verordnungsbedarf (BVB)?
Der besondere Verordnungsbedarf greift, wenn die übliche orientierende Behandlungsmenge der Physiotherapie nicht ausreicht, um Ihr Therapieziel zu erreichen. Etwa bei komplexen oder seltenen Erkrankungen. Auch hier gibt es eine eigene Diagnoseliste, die mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) abgestimmt ist.
- Steht Ihre Diagnose darauf und erfüllen Sie Zusatzbedingungen (z. B. Alter oder Zeitpunkt der Erkrankung), entfällt ein extra Antrag.
- Ihr Arzt kann die Therapie flexibel anpassen, ohne dass die Krankenkasse vorher zustimmen muss.
Wie profitieren Sie davon?
- LHM: Sichert Ihnen eine kontinuierliche Physiotherapie bei langwierigen Erkrankungen, ohne bürokratischen Aufwand, wenn Ihre Diagnose gelistet ist.
- BVB: Ermöglicht mehr Therapieeinheiten, falls der Standardrahmen nicht reicht – ideal bei besonderen gesundheitlichen Herausforderungen.
Was tun, wenn Ihre Diagnose nicht auf den Listen steht?
Keine Sorge! Ihr Arzt kann den Bedarf ärztlich begründen, und Sie beantragen die Genehmigung bei Ihrer Krankenkasse. Ein Musterantrag findet sich in der Patienteninformation des G-BA. Wichtig: Legen Sie die Verordnung mit Begründung bei, damit die Kasse die Notwendigkeit prüfen kann.
Zusammengefasst
Langfristiger Heilmittelbedarf und besonderer Verordnungsbedarf machen Physiotherapie für Patienten mit schweren oder komplexen Erkrankungen zugänglicher. Informieren Sie sich bei Ihrem Arzt oder Ihrer Krankenkasse, ob Sie Anspruch haben, und nutzen Sie die vereinfachten Regelungen. So bleibt Ihre Therapie flexibel und auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt!
Wie oft Physiotherapie?
Die Frage „Wie oft Physiotherapie?“ oder „Krankengymnastik wie lange?“ lässt sich nicht pauschal beantworten. Die optimale Frequenz hängt von mehreren Faktoren ab:
- Ihre individuelle Diagnose: Bestimmte Erkrankungen erfordern möglicherweise intensivere Behandlungen als andere.
- Die Art der Therapie: Manuelle Therapie kann eine andere Frequenz erfordern als Krankengymnastik. Auch Manuelle Lymphdrainage fällt hier anders aus.
- Ihr persönlicher Fortschritt: Ihr Therapeut wird die Frequenz an Ihren individuellen Fortschritt anpassen.
- Vorgaben der Heilmittelrichtlinie: Die Heilmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gibt orientierende Behandlungsmengen und Frequenzen vor, die berücksichtigt werden müssen. Auch die Höchstmenge je Verordnung wird hier geregelt.
Generell gilt: Menge und Frequenz der Physiotherapie sind in der Heilmittelrichtlinie festgelegt und müssen eingehalten werden. Innerhalb dieser Vorgaben gibt es jedoch oft Spielraum. Die Frequenz pro Woche ist meist flexibel gestaltbar, sodass die Therapie optimal auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt werden kann.
Wie Sie den Spielraum optimal nutzen:
- Einmal pro Woche mit intensivem Eigenanteil: Bei bestimmten Diagnosen kann es sinnvoll sein, die Behandlung auf einmal pro Woche zu beschränken, dafür aber über einen längeren Zeitraum und mit einem großen Eigenübungsanteil. So können Sie die Therapie aktiv unterstützen und langfristige Erfolge erzielen.
- Zwei bis drei Behandlungen pro Woche: Bei anderen Diagnosen, insbesondere bei akuten Beschwerden oder speziellen Therapieformen, die Sie nicht selbstständig durchführen können, können zwei bis drei Behandlungen pro Woche erforderlich sein.
Wichtig: Sprechen Sie offen mit Ihrem behandelnden Arzt und Ihrem Therapeuten über Ihre Bedürfnisse und Ziele. Gemeinsam können Sie die optimale Frequenz für Ihre Physiotherapie festlegen.
Welche Therapieformen können verordnet werden?
Die Vielfalt an Therapieformen, die Ihnen Ihr Arzt im Rahmen einer Heilmittelverordnung verschreiben kann, ist groß. Die Wahl des geeigneten Heilmittels hängt von der Kombination aus Diagnosegruppe und ICD-10-Code sowie der individuellen Einschätzung Ihres Arztes ab. Er wählt dann aus einem Pool verschiedener Therapieformen die für Sie am besten geeigneten aus.
Zu den häufigsten primären Heilmitteln gehören:
Ergänzend zu diesen primären Heilmitteln können auch ergänzende Heilmittel verordnet werden, z. B.:
Diese ergänzenden Heilmittel unterstützen die Wirkung der primären Therapieformen.
Zuzahlung und Kostenerstattung
Wenn Sie als gesetzlich Versicherter eine ärztliche Verordnung für Physiotherapie, z. B. für Krankengymnastik auf Rezept, erhalten haben, besteht grundsätzlich eine Zuzahlungspflicht. Diese Zuzahlung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
- Einem Pauschalbetrag von 10 Euro pro Rezept
- 10% der Kosten der verordneten Heilmittel
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Nehmen wir an, Sie haben eine Verordnung für 6 Behandlungseinheiten Krankengymnastik. Jede Einheit wird mit 27,80 Euro an den Physiotherapeuten vergütet. Die Gesamtkosten für die 6 Einheiten belaufen sich somit auf 166,80 Euro. 10% davon entsprechen 16,68 Euro.
Rechnet man die Rezeptpauschale von 10 Euro hinzu, ergibt sich eine Zuzahlung in Höhe von 26,68 Euro für Ihre ärztliche Verordnung über 6 x Krankengymnastik.
Wer ist von der Zuzahlung befreit?
Es gibt bestimmte Personengruppen, die von der Zuzahlung befreit sind:
- Minderjährige
- Schwangere, deren Behandlung aufgrund von Schwangerschaftsbeschwerden verordnet wurde
- Patienten mit einer Zuzahlungsbefreiung
Wie Sie eine Zuzahlungsbefreiung beantragen können:
Sie können bei Ihrer Krankenkasse eine Zuzahlungsbefreiung beantragen, wenn die Zuzahlungskosten für Ihre Heilmittel (und andere Leistungen) im laufenden Jahr 2% Ihres Bruttoeinkommens überschreiten. Für chronisch kranke Patienten liegt diese Grenze bei 1%.
- Wenn Ihre Einkünfte unverändert sind (z. B. bei Rentnern) und Sie keine Quittungen sammeln möchten, können Sie gegen Vorauszahlung der Zuzahlungen in Höhe Ihrer persönlichen Belastungsgrenze bereits zu Jahresbeginn von weiteren Zuzahlungen befreit werden.
Weitere Informationen und Details zum Thema Zuzahlungsbefreiung finden Sie z.B. auch auf der Website der AOK.
Wichtig: Die Zuzahlung ist in der Regel beim ersten Termin in der Physiotherapiepraxis zu entrichten. Das ist von den Krankenkassen so festgelegt.
Ausnahmen von der Zuzahlungspflicht:
- Bei Unfallverordnungen, die über die Berufsgenossenschaft (BG) laufen, wird keine Zuzahlung erhoben.
- Privatpatienten haben ebenfalls keine Zuzahlung direkt in der Praxis zu entrichten. Sie erhalten am Ende ihrer Therapiereihe eine Rechnung über die gesamte Behandlungssumme.
Fazit
Dieser Artikel bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte der Physiotherapie in Deutschland. Von der Verordnung bis zur Kostenerstattung.
Ob Sie wissen möchten, wie viel Massagen ein Arzt verordnen darf, wie oft Sie Physiotherapie verschreiben lassen können oder wie Sie eine Dauerverordnung für Physiotherapie beantragen: Hier finden Sie alle Antworten. Wenn Sie weitere Fragen haben oder eine persönliche Beratung wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir sind hier, um Ihnen zu helfen!